High-Speed-Getriebe ISAR GETRIEBETECHNIK GMBH & CO. KG

High-Speed-Getriebe 
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Was ist eigentlich “High Speed”?

High-Speed-Getriebe oder Hochdrehzahlgetriebe, schnell laufende Getriebe oder Turbogetriebe sind meist austauschbare Synonyme.
Diese Begriffe, insbesondere “High-Speed” oder “hohe Drehzahl”, werden bei Getrieben oft alleine mit hoher Drehzahl in Verbindung gebracht. Teilweise werden Getriebe mit Drehzahlen oberhalb von 3.000 U/min pauschal als High-Speed-Getriebe (oder als eines der Synonyme) bezeichnet. Dabei ist aus technischer Sicht vielmehr die Umfangsgeschwindigkeit bzw. die Drehzahl bezogen auf die Baugröße von Bedeutung: Während ein Kleingetriebe mit einem Ritzelwellendurchmesser von 5 mm und einer Drehzahl von 50.0000 U/min auf eine Umfangsgeschwindigkeit von 53 m/s kommt, erreicht eine Turbinenwelle mit 1 m Durchmesser bei 3.000 U/min schon 157 m/s an Umfangsgeschwindigkeit. Und letztere erfordert weit mehr an technischem Aufwand, um ein stabiles System zu erhalten. Daher ist eine technisch sinnvolle Beschreibung der Drehzahlen von High-Speed-Getrieben immer auch an eine Baugröße oder Leistungsklasse geknüpft.

Die wesentlichen Einflussgrößen für die Stabilität eines schnelldrehenden Systems respektive Getriebes sind:
· Wuchtqualität (die zur Drehzahl proportional ist)
· Zentrifugalkräfte (die proportional zur Größe und zum Quadrat der Drehzahl sind)
· Umfangsgeschwindigkeit im Zahneingriff (die proportional zur Radgröße und zur Drehzahl ist)

Um dem überproportionalen Einfluss der Drehzahl auf ein dynamisches System gerecht zu werden, sollte das bei der Definition eines High-Speed-Antriebs entprechend berücksichtigt werden. Vorgeschlagen wird daher folgender Grenzwert für echte High-Speed-Getriebe:
P ∙n³ ≥ 1014mit
Leistung P [kW], Drehzahl n [U/min]

→ Grenzwert z. B. 100 kW @ 10.000 rpm

Im doppeltlogarithmischen Leistungs-Drehzahl-Diagramm sieht diese Definition wie folgt aus:


SpeedOverPower[High-Speed-Getriebe]

Wozu braucht es High-Speed-Getriebe?

Bei Betrachtung der Leistungsdichte eines Elektromotors ist folgendes festzuhalten:
· Das Drehmoment ist definiert durch seine Größe (proportional zum Quadrat des Durchmessers, proportional zu seiner Länge).
· Leistung ist das Produkt aus Drehmoment und Winkelgeschwindigkeit:

P [kW] = M [Nm] ∙ ω [sec-1]mit Leistung P, Drehmoment M, Winkelgeschwindigkeit ω
Daraus folgt:
→ Je höher die Drehzahl, desto größer die Leistung – bei gleicher Baugröße!

Oder umgekehrt:
→ Je höher die Drehzahl, desto kleiner die Baugröße – bei gleicher Leistung!
· Weniger Material
· Weniger Gewicht
· Weniger Kosten (bis zu einem bestimmten Punkt)

(Beim Verbrennungsmotor sind die Zusammenhänge etwas komplizierter, aber im Grundsatz auch gültig.)
Damit ist der Trend zu immer höher drehenden Antrieben leicht erklärbar. Für die Drehzahlanpassung eines Hochdrehzahlantriebs ist schließlich ein High-Speed-Getriebe erforderlich, das die Leistung bei Anwendungsdrehzahl zur Verfügung stellt. Was Leistungsdichte oder Leistungsgewicht angeht, ist nach heutigem Stand eine Kombination aus High-Speed-Antrieb und High-Speed-Getriebe einem Direktantrieb in den meisten Anwendungen mit moderaten Betriebsdrehzahlen (wie Fahrzeugantriebe, Propellerantriebe, Industrie-, Roboter-, Stellantriebe usw.) überlegen.

Was sind die größten Herausforderungen bei High-Speed-Antrieben?

1. Stabilität des Rotors
Was die Stabilität eines schnell drehenden Rotors angeht, sind folgende Punkte in der Konstruktion besonders zu beachten, weil sie bei langsamen Rotoren nicht ernsthaft in Erscheinung treten:
· Zentrifugalkräfte treten mit zunehmender Drehzahl auf (linear zum Quadrat der Drehzahl!). Sie können zum Bersten des Rotors führen, was unbedingt vermieden werden muss.
· Durch hohe Zentrifugalkräfte können Setzeffekte entstehen, die die Wuchtgüte verschlechtern, woraus undefinierte Lagerbelastungen resultieren können.

2. Schwingungs- und Geräuschanregung (NVH)
Ein besonderes Problem bei elektrischen Fahrzeugantrieben ist der nicht mehr vorhandene Verbrennungsmotor, der ein Grundgeräusch im Hintergrund erzeugt. Anregungen aus einem Getriebe treten damit in den Vordergrund:
· Zahneingriffe bei hoher Umfangsgeschwindigkeit erzeugen für das menschliche Gehör unangenehme Geräuschfrequenzen.
· Nur bei extrem hohen Drehzahlen liegt die Zahneingriffsfrequenz im Bereich von nicht mehr wahrnehmbarem Ultraschall. Darunter folgende Getriebestufen treffen dann aber wieder den unangenehmen Frequenzbereich.

3. Rotordynamik
Eigenfrequenzen eines schnellen Rotors werden maßgeblich durch angebrachte Massen beeinflusst. Ein „beliebtes“ Beispiel sind Messflansche, die als überkragende Masse an einer schnell laufenden Welle angebracht werden sollen.
Im Beispiel unten ist der gewünschte Aufbau in einer Anwendung dargestellt. Zwischen Wunsch und Wirklichkeit liegt mehr als der Faktor 2.


Geforderte Drehzahl: 25.000 U/min[High-Speed-Getriebe]
Geforderte Drehzahl: 25.000 U/min
Erste Eigenfrequenz: 11.900 U/min[High-Speed-Getriebe]
Erste Eigenfrequenz: 11.900 U/min


4. Lagerung
Ein ganz entscheidender Punkt für stabile High-Speed-Getriebe ist eine dauerhaft tragfähige Lagerung.
· Unter den Standard-Wälzlagern sind nur Spindellager für sehr hohe Drehzahlen geeignet. Diese haben aber eine vergleichsweise geringe Tragfähigkeit und sind für die üblicherweise in Getrieben auftretenden Radialkräfte wenig geeignet.
· Gleitlagerungen sind für hohe Drehzahlen und Querkräfte geeignet. Sie bringen aber einen sehr hohen Schmierstoffbedarf mit und erzeugen große Verlustleistung.

5. Schmierung
Die Schmierung im schnell laufenden Getriebe ist auf Grund der Wälzgeschwindigkeit meist im Bereich eines vollen EHD-Kontakts. Kritisch sind dagegen hohe Betriebstemperaturen im Kontakt (Lager wie Verzahnung; Blitztemperatur), was einen Fressschaden begünstigt. Zur Auslegung der Schmierstoffzufuhr ist dabei Folgendes zu beachten:
· Der Schmierung des Zahneingriffs wirken die Zentrifugalkräfte entgegen. D.h. Einspritzschmierung muss mit erhöhter Strahlgewschwindigkeit erfolgen.
· Zu viel Öl im Zahneingriff oder den Lagern erzeugt hohe Verlustleistungen.

6. Dichtungen
Berührende Standarddichtungen arbeiten nur bis zu Umfangsgeschwindigkeiten von um die 40 m/s. Darüber muss auf Gleitringdichtungen oder berührungslose Labyrinthdichtungen zurückgegriffen werden (was typischerweise mindestens auf der schnellen Seite eines High-Speed-Getriebes der Fall ist).

7. Verlustleistung
Bei hohen Drehzahlen/Umfangsgeschwindigkeiten überwiegen die Leerlaufverluste die sonst maßgeblichen lastabhängigen Verluste, wie das neben stehende Diagramm beispielhaft zeigt. Damit muss für einen effizienten Betrieb eine Optimierung in den Bereichen Ventilation, Planschen, Ölquetschen im Zahneingriff usw. verfolgt werden.


LossOverSpeed[High-Speed-Getriebe]

Wie kann diesen Herausforderungen 
begegnet werden?

1. Stabilität des Rotors
· Rotoren müssen auf Überdrehzahlen betrieben werden, um ein Bersten im Betrieb auszuschließen – auch wenn dadurch ein wiederholtes Wuchten notwendig sein sollte.
· Das A und O heißt: Wuchten, wuchten und nochmal wuchten – am Besten im Zusammenbau!

2. Schwingungs- und Geräuschanregung (NVH)
· Eine Optimierung der Schwingungs- und Geräuschanregung kann nur auf definierte Betriebsbereiche erfolgen. Hier müssen Prioritäten bzw. Gewichtungen erfolgen.
· Mit dem Einsatz von Verzahnungen hoher Qualität mit speziell für die Lastverhältnisse definierten Flankenkorrekturen lassen sich in definierten Bereichen erhebliche Verbesserungen hinsichtlich Anregung und Geräusch erzielen.
· Gegebenenfalls können oder müssen zusätzlich aktive oder passive Dämpfungselemente eingesetzt werden.

3. Rotordynamik
Wichtig für die Rotordynamik ist bei hohen Drehzahlen ein passendes Masse-Steifigkeits-Verhältnis:
· Mit steigender Drehzahl werden mehr und mehr Leichtbaustrukturen erforderlich.
· Ganz wesentlich sind biegesteife Rotoraufbauten mit größten Flächenträgheitsmomenten in den am meisten biegebeanspruchten Querschnitten.
· Kurze Lagerabstände, insbesondere für überhängende Massen tragen ebenfalls zu guter Rotordynamik bei.

Der Vorher-Nachher-Vergleich hier zeigt eindrucksvoll die Wirkung von einem Maßnahmenbündel:


High-Speed Shaft-Mass or Opt[High-Speed-Getriebe]


4. Lagerung
· Wälzlager mit speziellem Design und besonderen Werkstoffen ermöglichen ganz andere Drehzahlen und Tragfähigkeiten als Standardwälzlager. Solche Elemente werden oft in Luftfahrtanwendungen verbaut, sind aber entsprechend aufwändig und teuer in der Herstellung. Im Vergleich zu Gleitlagern haben sie dennoch den Vorteil der einfacheren Ölversorgung und meist auch den der geringeren Verlustleistung.
· Ein technischer Kniff, um die Lagerung schneller Wellen beherrschbarer zu machen, ist eine Planetenanordnung. Dadurch heben sich die Radialkräfte auf die Sonnenwelle (nominell) auf, siehe nebenstehende Skizze. Die Lager müssen nur noch die axiale Führung der schnellen Welle sicherstellen bzw. die Axialkräfte aufnehmen. Bei höchsten Drehzahlen ist diese Anordnung fast obligatorisch. Das abgebildete Beispiel zeigt ein entsprechend konzipiertes Getriebe mit bis zu 160.000 U/min bei 85 kW Leistung.


Getriebe01[High-Speed-Getriebe]
Getriebe02[High-Speed-Getriebe]


5. Schmierung
Die aus der schnellen Rotation resultierenden Zentrifugalkräfte müssen vom Schmierstoff überwunden werden, um an die richtigen Stellen an Lagern und Zahneingriff zu gelangen.
· D. h. es wird meist eine Öldruckschmierung vorgesehen, die mit entsprechendem Öldruck eine ausreichend hohe Strahlgeschwindigkeit des Schmierstoffs erzeugt, damit dieser sicher sein Ziel erreicht. Das ist vor allem dann die geeignete Art der Schmierstoffversorgung, wenn sehr unterschiedliche Drehzahlen zum Anwendungsprofil gehören, weil dann auch bei niedriger Drehzahl die Schmierstoffversorgung sichergestellt ist.
· Andernfalls, wenn es die Geometrie und der Bauraum erlauben, können die Zentrifugalkräfte sogar auch genutzt werden, indem die Schmierung aus einer Hohlwelle heraus erfolgt und die entsprechenden Stellen mit Schmierstoff versorgt. Dazu ist aber immer eine gewisse Mindestdrehzahl erforderlich.

6. Dichtungen
Der Dichtungsdurchmesser der schnellen Welle muss neben der ohnehin hohen Drehzahl meist auch noch aus rotordynamischen Gründen massiv ausgeführt werden. Damit sind die Grenzen für berührende Standarddichtungen auf Grund der hohen Umfangsgeschwindigkeiten schnell überschritten und letztere nicht mehr einsetzbar. Als mögliche Alternativen bleiben
· Labyrinthdichtungen – diese sind statisch nicht dicht, müssen also immer oberhalb eines möglichen Ölstands angebracht werden. Axial ist je nach Aufbau und Anzahl der Labyrinthkammern der Bauraumbedarf größer. Positiv ist aber ihre geringe Verlustleistung und damit verbunden so gut wie kein Wärmeeintrag in die abzudichtende Welle.
· Gleitringdichtungen, die als komplexe, aber abgeschlossene Einheiten zwar vorgefertigt bezogen werden können. Nachteilig ist aber neben den Kosten ihr großer axialer Bauraumbedarf.
Grundsätzlich ist die Erhöhung der mit berührenden Dichtungen noch beherrschbaren Umfangsgeschwindigkeiten Ziel der ständigen Weiterentwicklung und Verbesserung durch die Dichtungshersteller. Ein Quantensprung ist in dieser Hinsicht derzeit aber nicht erkennbar.

7. Verlustleistung
Gegen die mit steigender Drehzahl/Umfangsgeschwindigkeit zunehmenden Leerlaufverluste können vor allem folgende Maßnahmen helfen:
· niedrige Schmierstoffviskosität
· moderate Schmierstoffmengen bis hin zu Minimalmengenschmierung
· großes Flankenspiel und Zahnkopfspiel, damit die Quetschverluste im Zahneingriff verringert werden

Die Herausforderung bei der Bestimmung der Schmierstoffmenge besteht vor allem darin, einen Kompromiss zwischen moderater Verlustleistung und ausreichender Wärmeabfuhr aus den Hotspots in einem Getriebe zu finden.

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